Vertrauliche Spurensicherung flächendeckend ausbauen: Opfer von Gewalt nicht im Stich lassen

Die vertrauliche Spurensicherung ist trotz gesetzlichem Auftrag im Freistaat Sachsen bisher nicht flächendeckend umgesetzt. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will diese Versorgungslücken schließen und die vertrauliche Spurensicherung in ganz Sachsen finanziell und strukturell absichern. Ein entsprechender Antrag der BÜNDNISGRÜNEN (Drs 8/4468) stand gestern im Plenum auf der Tagesordnung und wurde zur weitreren Befassung an den Ausschuss für Verfassung, Recht und Europa verwiesen. Die Debatte wurde überschattet von einem empathielosen Redebeitrag der AfD-Abgeordneten Doreen Schwietzer.

Katja Meier, Sprecherin für Gleichstellung der BÜNDNISGRÜNEN-Fraktion, erklärt zum Antrag:

„Mehr als 10.000 Menschen in Sachsen erlebten im Jahr 2024 häusliche Gewalt. Die überwiegende Mehrheit davon sind Frauen, die Gewalt durch Partner oder Ex-Partner erleben. Der Freistaat darf diese Opfer von Gewalt nicht weiter im Stich lassen. Betroffene haben einen Rechtsanspruch auf die vertrauliche Spurensicherung. Doch leider gibt es genau hier im Freistaat noch erhebliche Versorgungslücken. Mit unserem Antrag wollen wir BÜNDNISGRÜNE die medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigungen und die vertrauliche Spurensicherung in Sachsen flächendeckend etablieren. Denn der Zugang zu dieser wichtigen Hilfe darf nicht vom Wohnort abhängen.“

Die BÜNDNISGRÜNE-Fraktion fordert unter anderem:

  • flächendeckende Absicherung der vertraulichen Spurensicherung (mindestens eine Anlaufstelle pro Landkreis und kreisfreier Stadt),
  • Finanzierung der vertraulichen Spurensicherung durch Verträge mit den Krankenkassen und Leistungsträgern (Abrechnungsmöglichkeit für Krankenhäuser und niedergelassene Ärztinnen und Ärzte),
  • landesweit einheitliches digitales Beweissicherungs- und Informationssystem, das Ärztinnen und Ärzte bei der Durchführung der vertraulichen Spurensicherung und deren Dokumentation unterstützt,
  • Finanzierung der zur Spurensicherung notwendigen Spurensicherungskits,
  • langfristige Unterstützung von Bellis e.V. als maßgeblichen Träger des Projekts „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“
  • landesweite dauerhafte Informations- und Öffentlichkeitskampagne, um die Möglichkeit der vertraulichen Spurensicherung bekannter zu machen.

Abschließend betont Meier: „Die vertrauliche Spurensicherung macht eine Tat nicht ungeschehen. Aber sie gibt Betroffenen Zeit, Wahlmöglichkeiten und Handlungsspielraum zurück. Sie verhindert, dass wichtige Spuren verloren gehen. Wenn wir den Zugang zu dieser Hilfe nicht sichern, riskieren wir, dass Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Und für Betroffene fühlt es sich dann so an, als hätte das System sie im entscheidenden Moment allein gelassen. Deshalb ist es ein wichtiges Zeichen, dass sich der Landtag nun im Ausschuss in einer Anhörung von Sachverständigen mit unserem Antrag befassen wird.“

Weitere Informationen:

Die vertrauliche Spurensicherung beginnt mit einem Gespräch bei der zuständigen Gynäkologin oder dem Gynäkologen, in dem der Tathergang schriftlich dokumentiert wird. Anschließend erfolgt die körperliche Untersuchung. Dabei werden Verletzungen und Spuren von Gewalt sorgfältig dokumentiert. Die Befunddokumentation erfolgt schriftlich und – mit Zustimmung – auch fotografisch. Wichtig ist dabei, dass die Spuren rechtssicher dokumentiert werden. Zusätzlich erhalten Betroffene gesundheitliche Beratung, zum Beispiel zu Impfungen oder der „Pille danach“. Die Daten werden anonym unter einem Decknamen gespeichert. In Sachsen werden die Spuren für ein Jahr aufbewahrt. Die Dokumentation kann noch bis zu vier Tage nach der Tat erfolgen, und bei der Untersuchung darf eine Begleitperson anwesend sein. Die Polizei wird nur auf expliziten Wunsch der Betroffenen informiert.

>> Redebeitrag der BÜNDNISGRÜNEN-Abgeordneten Katja Meier: „Ohne diese wichtige Hilfen riskieren wir, dass Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden können“

>> Videobeitrag der BÜNDNISGRÜNEN-Fraktion zur Entgleisung der AfD

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